Das Phänomen und seine Kinder
65 Stunden verbringt laut aktueller ADAC Studie jeder Autofahrer durchschnittlich pro Jahr im Stau - Elbtunnel-Pendler sind weit jenseits davon! Hier staut es sich regelmäßig mit über 10 Kilometer Länge. Sicherlich haben Sie sich auch schon gefragt, wieso Sie schon wieder vor dem Elbtunnel in einem Stau stehen müssen. Bestimmt kamen Sie recht schnell auf die Lösung: Schuld ist natürlich der Vordermann/-frau! Schließlich fährt der Trottel zu langsam!
Sie als routinierter und intelligenter Fahrer ohne Zweifel und Tadel würden ja pfeilschnell durch den Tunnel gleiten, wenn da nicht die anderen Bummler wären, die Ihren zügigen, weitsichtigen und in allen Details perfekten Fahrstil an dieser Stelle der A7 in seiner Formvollendung begrenzten. Für Sie sind die notorischen Linksfahrer und akkuraten Kachelzähler die Ursache für das tägliche Stop-and-Go vor dem Nadelöhr. Noch nerviger als diese empfinden Sie nur eiernde Wohnwagengespanne im Überholverbot und Reisebusse aus denen bebrillte Pupertierende auf Sie herab glotzen, während Sie am Smartphone die Navi-App programmieren.
Tröstend für Sie, dass die Elbtunnelbremse geschaffen wurde, um den Elbtunnelstaus auf den Grund zu gehen versucht. Kennen Sie die Gründe und möchten Sie Ihre Erkenntnisse den Mitmenschen mitteilen, damit die nervige Verkehrsmeldung im Radio "A7 Hamburg Richtung Flensburg, zwischen Quickborn und Elbtunnel 18 Kilometer stockender Verkehr" der Vergangenheit angehört?
Das Positive vorweg: Seit dem Ausbau des Tunnels auf insgesamt vier Röhren sind die Staus vor dem Tunnel deutlich seltener und kürzer geworden. Wenn alle Röhren offen sind, stockt es nur noch selten in den Zeiten der Rush-Hour. Das Nadelöhr trägt seinen Namen heute zu Unrecht, wie auch die Elbtunnelbremse. Viel problematischer sind die Dauerbaustellen im Zuge des Ausbaus der A7 und der Überdeckelung, die uns mindestens noch bis 2024 begleiten.
Elbtunnelbremse
Die Bremse Gegen den Stau - Verkehr und Verkehrslage A7 in Hamburg
"Bringt alles nix!", mögen Sie vielleicht denken. Doch wenn hierdurch nur ein Stau vermieden oder verkürzt werden kann, wird der volkswirtschaftliche Schaden verringert werden. Und vielleicht ist es das nächste mal
- Ihr aussichtsreicher Geschäftstermin, den Sie verpassen
- Ihre Frau, die in den Wehen liegt
- Ihr Flugzeug, das ohne Sie in den Urlaub fliegt
- Ihre Nerven, die wieder mal reißen, weil die Kinder nörgeln
- Ihr verspätetes Paket mit den Computerteilen, das Sie schon sehnsüchtig erwarten
Es gibt Staukategorien
Als erfahrener Elbtunnelspezialist kennen Sie zwei Kategorien von Staus. Da ist zum
einen die Vollsperrung wegen Auslösung der Höhenkontrolle oder anderer
schwerwiegender Ursachen (z.B. ein Marder nistet in der Steuerelektronik
der zentralen Ampelanlage). Das ist höhere Gewalt, bzw. Dummheit eines
anderen. Sei die Vollsperrung, weil ein Zollstock eines Brummi-Fahrers
bloß zwei Meter lang ist, PS nicht mit IQ gleichzusetzen ist oder der
Fahrer sich nicht rechtzeitig entscheiden kann, welche Tunnelröhre er
diesmal benutzt und deswegen erst mal stehen bleibt. Trotz der 800
Höhenkontrollen im Jahre kann man hier von unglücklichen Einzelfällen
und Verkettung unglücklicher Zufälle sprechen. Meist dauert die
Vollsperrung nur wenige Minuten bis zu einer halben Stunde und man
erreicht sein Ziel mit entsprechender Verspätung.
Die zweite Kategorie ist da schon etwas spannender weil Sie selbst aktiver Teil des Staus werden.
Jeder der regelmäßig die Elbquerung zwischen Waltershof und
Othmarschen passieren muss, kennt den "Stau ohne Grund", "Stehen wegen
Nix" oder einfach "Phänomen Elbtunnel". Diese Behinderung des dortigen
Verkehrsflusses ist nicht auf eine Reduzierung von Fahrspuren oder
Sperrungen irgendwelcher Art zurück zu führen. Das Unerklärliche
passiert hier tagtäglich, wie nirgends anders auf dieser Welt! Jeder der
dieses Phänomen seit der Eröffnung des Tunnels im Jahre 1975 erlebt
hat, wird sich schon darüber seine Gedanken gemacht haben. Bei der
"Reduzierung" von drei Spuren vor dem Tunnel auf drei Spuren im
Elbtunnel, wenn also z.B. eine Spur oder Röhre gesperrt ist, liegt es an
Ihnen, ob Sie schon 2 Kilometer vorher Schiss bekommen, dass Sie nicht
in den Tunnel hinein gelassen werden oder hier und da ruckartig die Spur
wechseln, weil Sie lediglich glauben, dass es in der anderen Spur immer
viel schneller voran geht.
Kachelzähler (Langsamfahrer)
Wohl bekannt, wenn auch noch nicht im Duden erwähnt, sind die
sogenannten Kachelzähler. Dies sind Verkehrsteilnehmer, die so langsam
durch den Tunnel fahren, weil Sie angeblich die Kacheln an den Wänden
zählen. Es sind übrigens ca. 1,9 Millionen Stück. Seit der Eröffnung der
neuen, vierten Röhre, die ungekachelt ist, kann der Grund für das
Schleichen auch ein anderer sein.
Tunnelangst/Klaustrophobie
Sein Sie mal ehrlich: Wenn Sie panische Angst vor etwas haben, würden
Sie es dann ausprobieren? Klaustrophobie ist die Angst, die Menschen
bekommen, wenn sie sich in geschlossenen Räumen befinden und keinen
Fluchtweg sehen. Das Herz beginnt zu rasen, die Atmung wird
ungleichmäßig, bleibt fast weg, Schwindelgefühle, Angstschweiß. Man
fährt langsamer. Die Panik nimmt zu, wenn nachfolgende Fahrer durch
Lichthupe und zu dichtes Auffahren nötigen. Ganz ohne Frage handelt es
sich bei der Angst vor Tunneln um eine anerkannte Krankheit.
Mag ja richtig sein, sich seinen Ängsten zu stellen, aber hierfür
gibt es doch wesentlich "harmlosere" und kürzere Tunnel. Natürlich will
sich hier niemand über Ihre Ängste lustig machen. Es geht vielmehr darum
Ihnen den Anreiz zu einer Therapie zu geben, aber bitte zu einer
wissenschaftlich angeleiteten und nicht dort, wo täglich hunderttausende
zur Arbeit fahren müssen! So zählt das Argument, dass die Tunnelpanik
erst in der Regel nach 700 Metern Tunnelfahrt ausbricht auch nicht.
LKWs und Wohnwagengespanne
Immer wieder zu beobachten sind überladene LKWs bzw. permanent links
fahrende dansk Wohnwagens gezogen von Uno, Clio, Polo und Co., die sich
die 4%ige Steigung im Tunnel hinaufquälen (auch gerne mal auf der linken
Spur unterwegs). Da weiß man nicht, ob einem die Tränen kommen vom
mitleidigen Weinen oder schadenfrohen Lachen. Wie wollt Ihr denn erst
über die Harburger Berge fahren? Anfahren am Berg kennen unsere
nördlichen Nachbarn natürlich nicht - woher auch? Gerade wegen eurer Gelassenheit lieben wir euch aber trotzdem!
Das Langsamfahren und an der Steigung nicht mehr beschleuigen zu können, ist eine Auswirkung einer ganz anderen Ursache...
Bremslichterdisco
Als Hauptursache für das Stop-and-Go gilt zu geringer Abstand. Denn wer
zu wenig Abstand hält muss auch öfters bremsen und wer bremst erzeugt in
aller Regel am Heck seines Fahrzeugs (das ist hinten) ein blendendes,
rotes Bremslicht, das den nachfolgenden Verkehr darauf hinweist, dass
langsamer gefahren wird. Folglich ist der nachfolgende Verkehr
seinerseits gezwungen in die Eisen zu steigen (also auch zu bremsen),
was wiederum dieses rote, unangenehme Licht erzeugt. Durch die stets auf
hochglanz polierten Kacheln in den alten Tunneln wird diese
Bremslichterdisco noch verstärkt. Haben Sie sich schon bei dem folgenden
Gedanken ertappt: "Aha, da vorne wird gebremst, dann bremse ich auch
gleich mal"? Ganz bestimmt, denn wer fährt schon gerne jemand anderem
auf. "Wäre jetzt der Abstand zu meinem Vordermann bloß größer, müsste
ich nicht bremsen" ist der folgende richtige Gedanke. Denken Sie was Sie
wollen, doch was wirklich gegen den Tunnelfrust hilft ist der richtige
Abstand. In der Fahrschule haben Sie als Faustregel gelernt, mindestens
den halben Tachsostand in Metern einzuhalten. Wie blöde nur, dass es im
Tunnel keine Leitpfosten gibt, die im Abstand von 50 Metern aufgestellt
sind und des weiteren der Blinkwinkel eingeschränkt ist, dass eine
exakte Abstandsbestimmung nur routinierten Fahrern möglich ist.
Noch ein Hinweis für kritische Leser: Der vorherige Absatz soll nicht
den Anschein erwecken, dass Sie nicht und niemehr bremsen sollen.
Bremsen Sie auch weiterhin so oft und wie Sie wollen und insbesondere
dort, wo Sie es für nötig halten, doch bedenken Sie eventuelle Folgen
des Bremsen und Nichtbremsens. Übertreiben Sie es bitte nicht mit dem
Mindestabstand, so wie die überladenen LKWs und danske Campingvogne bei
der 4%igen Steigung. 50 Meter Sicherheitsabstand für PKWs reichen schon
aus (sofern Sie sich an die Höchstgeschwindigkeit halten).
So wenig Abstand wie möglich, so viel Abstand wie nötig
Probleme mit den Abstand gibt es immer wieder bei den drei Auffahrten
Bahrenfeld, Othmarschen und Waltershof in Richtung Elbtunnel. Bei einer
Ampelphase müssen plötzlich sehr viele Fahrzeuge von der
Beschleunigungsspur auf die Autobahn wechseln. Während dies zu
Stauzeiten immer funktioniert, weil sowieso schon alles kriecht, ist es
gelegentlich schon problematisch sich in den fließenden Verkehr
einzuordnen ohne diesen zu behindern. Nutzer schneller Fahrzeuge sind
hier klar im Vorteil. Geradezu beneidenswert schießen sie rechts an der
Kolone vorbei, um sich schnurstracks direkt ganz vorne als erster
zwischen zwei LKWs einzufädeln. Dieser ach so forsche Fahrer hat zwar PS
aber keine Weitsicht. Denn was nun passiert ist bereits oben
beschrieben. Der Sicherheitsabstand des nachfolgenden LKWs (oder anderen
Fahrzeugs) verringert sich, er muss langsamer fahren oder gar bremsen
(das erfüllt übrigens den Tatbestand der "Nötigung im Straßenverkehr"),
der nachfolgende Verkehr ist durch den langsamer werdenen LKW selbst
gezwungen langsamer zu fahren und so weiter. Die Lücken werden kleiner
und das Verkehrsleitsystem vor dem Elbtunnel zeigt das allseits bekannte
rote Dreieck mit den drei Autos drin an...STAU! (Dem aufmerksamen Leser
wird der Fehler in der Animation oben links längst aufgefallen sein.
Dies ist jedoch Absicht. Es sieht wirklich besser aus!)
Das Auffahren auf eine Autobahn ist ein von Egoismus geprägter
Vorgang. "Ich will und muss um jeden Preis da drauf!" ist ganz
übertrieben gesagt der Leitgedanke eines jeden Autofahrers. In der
Praxis findet dies an den beschriebenen Orten zu Stoßzeiten immer unter
Vernachlässigung des Abstandes statt. Dies dürfte die Hauptursache für
den täglichen Stau sein.
Eine unlösbare Aufgabe das Problem in den Griff zu kriegen?
Verkehrsleitsystem
Seit einigen Jahren gibt es vor dem Elbtunnel eine moderne
Verkehrslenkungsanlage, die schon zig Kilometer vorher den Verkehrsstrom
misst, mit Computerdaten abgleicht und ein Tempolimit ermittelt und
anzeigt. Mittlerweile ist das System recht ausgereift (auf Schwächen
wird an anderer Stelle eingegangen). Wenn das System einen Stau anzeigt,
dann werden an vielen Fahrzeugen gleich die Warnblinklichter
eingeschaltet und eine Vollbremsung mit ABS-Funktionskontrolle
hingelegt, obwohl noch kein einziges bremsendes Fahrzeug zu sehen ist.
Wenn Sie diese Lichtzeichen immer befolgen würden, warum richten Sie
sich nicht nach der dort angezeigten Höchstgeschwindigkeit? Vielleicht
weil Sie dort nicht ein einziges Mal seit der Einführung geblitzt worden
sind? Diese Lichtzeichen sind genau so verbindlich wie ein
Halteverbotschild oder die Tempo-30-Zone. Und ob Sie es glauben oder
nicht: Diese Verkehrslenkungsanlage hat einen Sinn (und der Sinn ist
nicht die Missachtung)! Falls Sie übrigens den Eindruck haben dies sei
eine Promo-Seite der Polizei Hamburg oder des Herstellers von
Schilderbrücken, dann liegen Sie falsch. Der Sinn dieser Anlagen (und
Website) ist die rechtzeitige Regulierung des Verkehrsflusses ähnlich
wie ein Wehr in einem Kanal. Es soll nur so viel Verkehr vor den Tunnel
gelangen, dass dieser dort gut fließen kann. Wenn nun ein jeder viel zu
schnell fährt, ist auch wiederum zu viel Verkehr vor dem Tunnel, was
wiederum den Abstand der einzelnen Fahrzeuge verringert und den bereits
erörtert STAU zur Folge hat.
Langsamer wäre schneller!
War das zu schnell?
Nochmal langsam: Fließender Verkehr in und vor dem Tunnel ist
gewährleistet, wenn der Abstand der einzelnen Fahrzeuge groß genug ist,
so dass niemand bremsen muss. Fährt ein Fahrzeug schneller als das vor
ihm fahrende Fahrzeug kommt es unweigerlich zu einem Auffahrunfall. Das
will keiner, also muss Abstand her. Genügend Abstand wird nur erreicht,
wenn gleich schnell oder langsamer als der Vordermann/frau gefahren
wird. Es darf natürlich nicht so langsam gefahren werden, dass der
nachfolgende Verkehr behindert wird. Die kluge Verkehrslenkungsanlage
misst das Verkehrsaufkommen, berücksichtigt Tageszeit und Biorhythmus
usw. und zeigt dann anschließend die optimale Höchstgeschwindigkeit an
diesen - leider stets missachteten - Schilderbrücken an.
Den meisten Autofahrern ist jedoch nicht verständlich, wieso sie
schon 12 Kilometer vor dem Tunnel 80 fahren müssen, wo doch alles frei
zu sein scheint. Andere haben vielleicht den Sinn erkannt und denken
sich, dass es reicht, dass die anderen das Tempolimit befolgen. Ein
einzelnes zu schnelles Fahrzeug verursacht noch lange keinen Stau, Herr
Egoist! Stauforscher haben ermittelt, dass bei 80 bis 85 km/h das beste
Fortkommen gewährleistet ist. Bei dieser Geschwindigkeit passen die
meisten Fahrzeuge mit optimaler Geschwindigkeit und Abstand auf die
Fahrbahn.
Es nützt daher wirklich allen sich danach zu richten! Wer glaubt,
dadurch wesentlich später anzukommen irrt gewaltig: Auf einer Strecke
von 15 km vor dem Tunnel genau 80 km/h zu fahren dauert 11 Minuten 15
Sekunden. Fahren Sie 110 km/h benötigen Sie für die gleiche Strecke 8
Minuten und 12 Sekunden. Das sind gerade mal 3 Minuten mehr (und das
Risiko von 75 Euro Verwarnungsgeld). Die stehen Sie dann aber im
Stop-And-Go-Verkehr vor dem Tunnel, was bei Einhaltung der 80 km/h nicht
passieren würde. Und mit welchen Speed geht es entspannter zu? Denken
Sie das nächste mal darüber nach, wenn Sie mich überholen!
Studien zeigen jedoch, dass der Einzelne eher eigenen Regeln folgt.
Das heißt, dass ein Autofahrer zwischen persönlichem Nutzen und dem
Risiko, erwischt zu werden, abwägt, um dann das Tempolimit für sich
selbst erhöht. Der eine erhöht um 10, der andere um 15 oder 25 Kilometer
pro Stunde. Genau dies führt dazu, dass die Abstände (und genau darauf
kommt es an) zwischen den Autos stets variieren und ungünstigstenfalls
eben zu gering werden. Dies ist der Stau, bzw. stockende Verkehr...
wegen Nichts!
Für den Elbtunnel-Stau sind lediglich zwei Gründe verantwortlich:
Ein hohes Verkehrsaufkommen, etwa wie im Berufsverkehr und
etwas, was einen gleichmäßigen Verkehrsfluss stört. Das
könnten also Sie sein, durch ein Abbremsen wegen zu wenig Abstand oder
weil Sie jemanden durch Spurwechsel zum Bremsen zwingt. Kommt es in
dieser Kette irgendwo zum Stillstand, pflanzt sich diese
Stillstandswelle nach hinten fort. Viele dieser Wellen bringen den
Verkehr zum Erliegen.
Die einzige Konsequenz daraus muss sein, mit genügend Abstand zu
fahren! Mehr Steuerung brauchen leidgeplagte Elbtunnel-Transiten nicht.